4W

Was war. Was wird.

An diesem Wochenende wird Hal Faber von Männerproblemen geplagt: Er muss sich bei allen Müttern entschuldigen und sucht nach dem idealen Rollwiderstand für seine Mausmatte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 47 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** Das mit der Mutter üben wir noch: Am Ende der letzten Wochenschau stand ein kleiner Hinweis auf den Tag, an dem sich die Mutter freuen darf. Ein kleiner Link auf ein Unternehmen, das keine Muttertage, sondern Einkaufswagen produziert, wurde prompt als Schleichwerbung kritisiert. So etwas führt zur guten deutschen Geste der Betroffenheit und zu einer Entschuldigung : Nie wieder werde ich Mütter mit Einkaufswagen gleichsetzen! Howgh!

*** Dennoch möchte ich ein paar Worte über den verantwortungslosen Journalismus verlieren, der mir da vorgeworfen wird. Der Ober-Bobo von Surpluzz.com, der zum Muttertag seine Mutter versteigern wollte, hätte das auch ohne meinen Aufruf getan. Die Zeiten sind halt so, das alles was einem kränkelnden Dotcom und seinen bobonischen Eignern dienlich ist, auch versucht wird. Der Mensch ist von Natur aus ein Portal und seinen Trieben unterworfen. Daran können auch die aufklärerischen Journalisten mit der verantwortungsvollen Schreibe nichts ändern.

*** Überhaupt: dieses Amerika. Ein Land, regiert von einem fünfzig Jahre alten Code und einer Comic Code Authority, die für den Bildungsstand mancher US-Präsidenten verantwortlich zeichnet. Nun machen sich all die Spinnenmänner und -frauen bei Marvel selbständig, weil die Firma in der vergangenen Woche den Code gekündigt hat. Denn die Wirklichkeit hat längst die X-Men überholt. Vor allem soll das Internet mit seinen seltsamen Comics für den Sinneswechsel verantwortlich sein. Außerdem können heute hübsche Robotergirls das Wort Fuck sagen, ohne dafür allzu harte Schäden zu bekommen. Bleibt nur die Frage, woher der aktuelle US-Präsident seine Helden holt.

*** Wir in Deutschland betrauern unterdessen den Heimgang von Fun Online, der Teenieseite von Egmont, die mit einem selten dämlichen Korokodil-Comic startete, dann aber mit Preisen überhäuft wurde. Nun soll der "anhaltende Erfolg" dafür verantwortlich sein, das FOL die Pforten schließen muss, weil halt die Serverlast nicht mehr bezahlt werden kann.

*** Wo die einen schließen, wollen die anderen öffnen. Richtig dumm gelaufen ist das für den Springer-Verlag, der in der vergangenen Woche nach dem US-Vorbild ein Blatt namens Maxim an den Kiosk brachte, das "Mehr für Männer" verspricht. Dieses Mehr ist keine Penisverlängerung, sondern "Spaß, Sport, Sex, Technik, Mode, Reportage, Fakten", die in dieser Reihenfolge das Denken von 99 Prozent der deutschen Männer bestimmen sollen. Deswegen hatte wohl nur eine Frau daran gedacht, was passiert, wenn 99 Prozent der deutschen Männer surfen. Um Klassen besser kümmert sich allerdings Men's Health um die gleiche Zielgruppe. So verfügt das Magazin über einen Web-Auftritt, in dem zu stöbern sich lohnt. "Ranzige Pommes zerstören Kinderwunsch", "Stress macht Blähungen". Den Vogel schießt aber eine Vorschau auf ein sicherlich längst vergriffenes Heft ab, das sich mit einem wirklich mannhaften Thema auseinandersetzt: "Amputation selbst gemacht, Finger abtrennen, Ausgabe 9/2000, Seite 150".

*** Da hilft wohl nur eins: Augen zu und durch. So etwa hält es Siegmar Mosdorf, der zurzeit den Jürgen Möllemann für Bobos gibt. In dieser Rolle rief er zur Eröffnung der Internetworld die permanente Sause aus: "Die Pixelrevolution geht weiter", verkündet der ewige Internet-Minister auf Abruf – Tags zuvor hatte er noch 30.000 Arbeitsplätze visioniert, die die IT-Branche bis zum Ende des Jahres in Deutschland schaffen will. Tja, wer die Welt nur aus dem Internet kennt, weiss halt nicht, dass Revolutionen dazu tendieren, ihre Kinder zu fressen. Was nützen der Branche neue Arbeitsplätze, wenn genauso schnell oder schneller welche vernichtet werden? Vielleicht bin ich ja nur zu pessimistisch. So lange es so kreative Köpfe gibt, wie die Jungs, die angeblich den Homepage-Virus geschrieben haben wollen, um Werbung zu machen, kann es ja nicht wirklich bergab gehen. Zugegeben, die haben das mit dem "viralen marketing" ein bisschen zu wörtlich genommen aber immerhin: man gibt ihnen ein Stichwort und sie machen was draus. Nur schade, dass diese Kreativität immer so destruktiv ist: Wie wäre es doch mal mit einem Trojaner, der dem Überwachungssystem, das auf meinem Firmen-PC installiert ist, gar hektische Arbeitsaktivitäten vortäuscht? Kann doch nicht so schwer zu machen sein.

*** Fakten, Fakten, Fakten sind seit letzter Woche im Angebot: "Die Oberseite ist aus vegetabil gegerbtem Rindleder, das aufgrund seines feinporigen Narbenbildes einen idealen Rollwiderstand für die Maus bietet; die Unterseite ist aus Schwammgummi mit einem hohen Kautschukanteil gefertigt, die 'Matte' liegt daher rutschfest auf dem Schreibtisch. Außerdem ist die Unterlage deutlich größer als die üblichen Plastikvarianten und bietet nicht nur eine Lauffläche für die Computermaus, sondern auch eine hautfreundliche, weiche und schonende Ablagefläche für die Hand, die sie führt." Vegetabil, mit einem hohen Anteil an Streicheleinheiten weiß die Firma Manufaktum, wie man eine Mausmatte beschreiben muss. Nur der doppelseitig vernähte Rand, den haben wir vermisst. Aber die schonende Ablagefläche für die Hand ist wirklich sinnvoll und wird die Massen zum Kauf der Matten bewegen. Gefällt das gute Stück nicht, hätte man lieber Ziegenleder oder eine aussterbende Tierart, so kann bei Manufactum widerrufen werden, doch nur auf "dauerhaftem Datenträger", wie es in den Geschäftsbedingungen heisst. Damit sollen E-Mails und Faxe ausgeschlossen werden, doch ist die Sache schwer philosophisch. Dauerhafte Datenträger, die dann noch existieren, wenn das feinporige Narbenbild der Matte längst abgerubbelt ist, erfordern wohl das Meisseln auf Marmorplatten und ein Hochregallager für die Wiedervorlage.

*** Von der Vergnügungsspielemesse E3 schaffte es im allgemeinen Trubel um Microsoft die Meldung der kanadischen Eleven Engineering nicht ins internationale Nachrichtengeschäft. Die Firma stellt die Bluetooth-Konkurrenz Spike her, die mit Sonys Airplay-Controllern für die Playstation kommunizieren können und überhaupt Bluetooth Beine machen sollen. Entnervt über das Desinteresse versuchten die Kanadier, über eine PR-Agentur einen Star der Open-Source-Szene für ihren Stand zu mieten. Wieder ein neues Geschäftsmodell! Die Sache klappte freilich nicht, weil Microsoft und die alt bekannten führenden Köpfe der Bewegung gerade einen Schönheitswettbewerb veranstalten, in dem es darum ging, wer das schönste Manifest schreiben kann. Die praktischen Konsequenzen der Shared Source sind jedenfalls erstaunlich: Microsoft tötet die nervende Büroklammer, weil die Produkte ja immer intuitiver werden und überlässt den Code der quelloffenen Klasse.

Was wird

*** Gibt es eine Menge, die genau die Mengen als Elemente enthält, die sich selbst nicht als Element enthalten? Vor hundert Jahrern formulierte Bertrand Russell diesen Satz, der auf den ersten Blick ganz harmlos erscheint, aber der der Mathematik ebenso viele Probleme bereitete wie den Westlern das Russell-Tribunal über Menschenrechte in Deutschland. Douglas Adams fasste die Lehre seines Landsmannes einmal in einem kurzen Ratschlag zusammen, der richtig bekannt wurde: Don't panic. An ihn möchte der erste internationale Handtuchtag erinnern, der am 25. Mai ausgerufen wird. Und es schadet nichts, das Tüchlein auch für Russell zu schwenken.

*** Und noch eins. In der Bundesliga dauert ein Spiel, ja richtig, 94 Minuten. Dafür bleibt der Ball aber weiterhin rund. (Hal Faber) (em)