Alte Computer in München: Die Vergangenheit ist die Zukunft

Etwa 40 Aussteller und 150 Besucher kamen nach Angaben des Veranstalters am ersten Tag zum Vintage Computer Festival Europe, das an diesem Wochenende in München-Ost stattfindet.

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Von
  • Detlef Borchers

Etwa 40 Aussteller und 150 Besucher kamen nach Angaben des Veranstalters am ersten Tag zum Vintage Computer Festival Europe, das an diesem Wochenende in München-Ost stattfindet. Einträchtig versammelt findet man Amigas, Apples und Ataris, ostdeutsche Robotrons und KC 85 oder italienische Olivettis, liebevoll präsentiert von ihren Besitzern. Sie führen die Rechner vor, bringen urtümliche Bandlaufwerke zum Summen und führen in die Details der Lochkartenstanzerei ein. Begleitet wird das Festival von einem Computerflohmarkt, auf dem Kaypros, Mac-Würfel und andere Altertümer feilgeboten werden. Selbst handgemalte Original-Cover der ersten Ausgaben der längst verblichenen Zeitschrift Byte finden sich hier, prächtige Exemplare einer Zeit, in der Computer das große Abenteuer waren -- zumindest in der Phantasie der Illustratoren.

Wie die Realität aussah, versucht eine Vortragsreihe zu vermitteln. Am ersten Tag gab es Referate über frühe Vektorrechner, die Konstruktion der ersten Festplatten und den Kleinrechenautomat D4a. Der ehemalige Siemens-Ingenieur Helmut Maiel berichtete von dem Rollout des Siemens 2002 im Jahre 1959, seinerzeit der erste volltransistorierte Rechner der Welt. Die Siemens-Ingenieure kannten ihre Rechner so gut, dass sie aus den Brumm- und Quietschgeräuschen auf die Verfassung des Rechners schließen konnten. So bestand der Telefonsupport darin, dass ein Angestellter den Hörer an den Rechner hielt und der Techniker dem Rasseln lauschte. Einen eher untypischen Zug brachte die Engländerin Christine Finn in die Vortragsreihe. Finn, eine Archäologin der Universität Oxford, besuchte das Silicon Valley in der Blütezeit der Dotcom-Ära im Jahre 2000. Zwei Jahre später waren die Spuren des großen Booms verschwunden. "Es ist einfacher, Relikte der Mayas zu finden als Spuren der Zeit, als das Valley im Rausch war", erklärte die Archäologin, "es ist eine nomadische Kultur, die keinerlei Spuren hinterlässt, allenfalls kontaminierten Müll". Finn berichtet in ihrem Buch Artefacts von ihrer Spurensuche, die sie in die Kultur der Computersammler führte: "Manchmal hatte ich den Eindruck, als ob die Sammler nicht die Vergangenheit, sondern unsere Zukunft aufbewahren", erklärte Finn gegenüber heise online.

Am morgigen Tag stehen der Einsatz des C64 in der Industrie, die Rolle der Programmiersprache Forth auf Homecomputern und der Nutzen von XML zur Rettung und Verarbeitung gefährdeter Daten auf dem Programm. (Detlef Borchers) / (wst)