Datenschützer kritisieren späte Einbindung in IT-Projekte

Auf Bundesebene gebe es "unausgegorene und gefährliche" Projekte, bei denen Aspekte des Datenschutzes präventiv beachtet werden sollten, erklärte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 25 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert hat die Bundesregierung aufgefordert, Datenschützer frühzeitig in neue elektronische Verfahren einzubinden. Auf Bundesebene gebe es "unausgegorene und gefährliche" Projekte, bei denen Aspekte des Datenschutzes präventiv beachtet werden sollten, sagte der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) laut dpa. Bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts 2004 schätze Weichert die Situation auf Bundesebene nicht sehr günstig ein: "Der Datenschutz läuft der Entwicklung hinterher." Auf Landesebene falle die Bilanz des vergangenen Jahres hingegen positiv aus.

Es hätten sich "zwei verschiedene Konzeptionen des Datenschutzes" entwickelt: "Die Bundespolitik verfolgt weitgehend die Vorstellung eines Datenschutzes, der erst nach Einrichtung teilweise komplexer und teurer IT-Verfahren kontrollierend und repressiv wirkt", meinte Weichert. In Schleswig-Holstein werde das ULD dagegen "frühzeitig bei der Entwicklung, der Implementierung und begleitend während des Betriebes" solcher Projekte beteiligt. "Die Bundespraxis führt zwangsläufig zu Akzeptanzproblemen, zu Anwendungsschwierigkeiten und zu Fehlinvestitionen", schätzte der Datenschutzbeauftragte die Situation kritisch ein.

"Der Überwachungsdruck auf die Bevölkerung wird verstärkt", erklärte Weichert zudem. Beispiele seien die Kontodatenabfrage der Finanzbehörden, die Software für die Arbeitslosengeldberechnung und das Mautsystem Toll Collect. Aus Datenschutzsicht seien diese Neuregelungen hoch problematisch. "Die Daten stehen zum Teil frei Haus zum Missbrauch zur Verfügung." Die Bundesbehörden neigten zu einer "Vorratsspeicherung".

Für die geplante Einführung biometrischer Pässe forderte Weichert ähnlich wie der Bundesdatenschutzbeauftragte mehr Zeit. Wesentliche Fragen seien unklar, das Sicherheitskonzept nicht ausreichend. "Es muss diskutiert werden, wie Missbrauch verhindert werden kann -- etwa wie Polizeidatenbanken geschützt werden können", sagte er. Große Probleme sehe er auch beim Verfahren für die Ticketbestellung zur Fußball-Weltmeisterschaft. "Der Mensch muss sich fragen: Will ich Fußballkarten oder Privatsphäre?" Im Zweifelsfall sei Datenschutz dann weniger wichtig. Er hoffe, dass der Deutsche Fußballbund (DFB) das Verfahren nachbessere. Der Datenschützer bewertete einzig die geplante Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte positiv. Hier sei gemeinsam mit dem ULD ein für den Patienten sicheres Verfahren entwickelt worden.

Auf Landesebene fiel Weicherts Bilanz positiver aus. Die Verantwortlichen seien bereit, Datenschutz frühzeitig zu berücksichtigen, sagte Weichert. Das 2002 initiierte IT-Gütesiegel sei weiter erfolgreich und ein Vorbild für ganz Deutschland. Im vergangenen Jahr wurden sieben Produkte mit dem Siegel ausgezeichnet. Weichert sagte, er rechne mit einer guten Zusammenarbeit auch mit der neuen Regierung. "Die Signale sind ermutigend." (jk)