E-Government auch in Asien im Trend

Auch die Regierungen in Ostasien wollen mit E-Government-Projekten den Einstieg in die Informationsgesellschaft fördern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Auch die Regierungen in Ostasien wollen mit E-Government-Projekten den Einstieg in die Informationsgesellschaft fördern. Über die Internetstrategien der Regierungen in Japan, Indien und China diskutierten am vergangenen Wochenende Wissenschaftler bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin. Die Entwicklung von Cybercommunities und Netzwirtschaft ist ein relativ neues Forschungsfeld für die Ostasienwissenschaftler. Eine ganze Reihe von Forschungsprojekten versucht inzwischen, Breschen in die wuchernden asiatischen Cyberwelten zu schlagen und dabei auch die Frage nach den kulturspezifischen Gesichtern des Web zu ergründen.

Japan etwa steckt rund 10 Milliarden US-Dollar in sein E-Government Projekt: "Die Gesamtmaßnahme ist in unüberschaubare 11.000 verschiedene Einzelprojekte gegliedert", erklärte Dirk Nabers vom Institut für Asienkunde. Der neue japanische Premierminister hatte erst kürzlich in seiner Antrittsrede die Bedeutung des gesamten E-Japan-Projects nochmals eigens betont. Hochgestecktes Ziel: bis 2005 will man zur "most wired nation" werden; die komplette Digitalisierung der Verwaltung soll dabei Schrittmacher vor allem für kleine und mittlere Unternehmen sein.

Denn obwohl Japan bereits in den 70er Jahren den Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft erklärt hat, wird dort heute von Forschern ein Nachholbedarf beklagt. In vielen ländlichen Regionen fehle noch die Infrastruktur, bei kleinen und mittleren Unternehmen sei der Rückstand hoch, sagte Iris Wieczorek vom Institut für Asienkunde. In manchen Punkten trifft die Vernetzung auch auf politische Barrieren, etwa bei der Vorstellung, dass man virtuell ausgeschriebene öffentliche Aufträge nicht mehr einfach an die eigene Klientel vergeben kann. Noch nicht sehr weit ist die japanische Regierung bislang auch bei der Deregulierung, die japanische NTT DoCoMo ist nach wie von der beherrschende Anbieter.

Bei der Einführung von Wettbewerb, wenn auch nur zwischen verschiedenen staatlichen oder halbstaatlichen Unternehmen, ist China bereits weiter. Inzwischen konkurriert ein halbes Dutzend Festnetz-, Mobil- und Kabelanbieter um die Kunden in dem Riesenmarkt. Als "Sandkasten, in dem die Bevölkerung mit Förmchen und Schaufeln zu Werk gehen kann", bezeichnete Gudrun Wacker von der Stiftung Wissenschaft und Politik Chinas wachsendes Web. Teilweise werde das Web regelrecht als "recht ungefährliches Ventil" für die Unzufriedenheit der gebildeten Bevölkerung genutzt – dabei muss es gar nicht zartfühlend zugehen: so können auf einer vom Computerhersteller Legend gesponserten Seite etwa korrupte Beamte "erschossen" werden.

Bei der Zensur setze die chinesische Regierung nur zu einem Teil auf Filtermechanismen wie Webpolice2000 und andere amerikanische Filterprodukte. Vielmehr halte man das Web durch die abschreckende Wirkung strenger Gesetze und von Schauprozessen gegen Dissidenten im Zaum. In westlichen Medien werde allerdings das Interesse an Regierungskritik im Internet ihrer Meinung nach klar überschätzt. Chinas vor zwei Jahren gestartetes Projekt "Government Online" steckt derzeit übrigens in einer Krise. "Wegen des durch die Flugzeugaffäre ausgelösten Hackerkrieges, wurde eine ganze Reihe der staatlichen Seiten geschlossen", sagte Zhang Junhua von der Freien Universität Berlin. "Sie waren nicht mehr sicher."

Für das Beispiel Indien erklärte der Heidelberger Wirtschaftswissenschaftler Wolfgang-Peter Zingel, dass der große Erfolg des Landes beim Export von Software, vor allem aber auch computergestützter Dienstleistung zwar von der Regierung als Erfolg für sich reklamiert werde. Tatsächlich aber seien die Kontakte der im Ausland tätigen Softwareingenieure zur heimischen Wirtschaft ein Grund für die Erfolgsstory. "Die sahen, dass man die Dienstleistung im eigenen Land billiger einkaufen kann." So werden etwa Arztrechnungen für rund drei Cent pro Zeile (über Nacht) in Indien getippt. Dass das Land in so starkem Maß Software-Schmiede geworden ist, könnte unter anderem daran liegen, dass in keinem anderen Land so viele verschiedene Amtssprachen und -schriften nebeneinander existieren. Außer ihrer Muttersprache lernen gebildete Inder nicht nur weitere Landessprachen, sondern auch Englisch und das klassische Sanskrit. (Monika Ermert) / (wst)