ILOVEYOU-Abkömmling auf beschlagnahmter Diskette

Philippinische Ermittler haben auf einer von siebzehn sichergestellten Disketten ein Programm entdeckt, das dem E-Mail-Wurm ähnelt.

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Der Kreis der möglichen ILOVEYOU-Schöpfer weitet sich aus. Philippinische Ermittler haben auf einer von siebzehn sichergestellten Disketten ein Programm entdeckt, das dem E-Mail-Wurm ähnlich ist, der Anfang Mai weltweit Rechner infizierte. Die Ermittler des philippinischen National Bureau of Investigation (NBI) hatten die Disketten bei der Durchsuchung eines Appartements in Manila gefunden, das ein Internet-Provider als den Ursprungsort des Wurms identifiziert hatte.

Nach den bisherigen Erkenntnissen des NBI stammt das fragliche Programm aus der Feder des Informatik-Studenten Michael Buen, der erst vor kurzem am AMA Computer College (AMACC) sein Examen gemacht hatte. Das Programm enthält außerdem eine Danksagung an Onel de Guzman, ebenfalls AMACC-Student und Bewohner des durchsuchten Appartements, sowie an 40 weitere Personen. Ferner ist eine Warnung enthalten: "Wenn ich bis zum Ende des Monats keinen festen Job bekommen habe, werde ich einen weiteren Virus verbreiten." Der 24-jährige Buen bestreitet, an der Entwicklung oder Verbreitung des Virus beteiligt gewesen zu sein. De Guzman hingegen teilte in der vergangenen Woche der Öffentlichkeit mit, er könnte den Mail-Wurm versehentlich in die Welt gesetzt haben.

Seit etwa einer Woche konzentrieren sich die Untersuchungen im Wesentlichen auf de Guzman und Buen. Der ILOVEYOU-Code könnte aus einer Kombination der Examensarbeiten beider Studenten entstanden sein, vermuten Sprecher der Informatiker-Schmiede. De Guzman hat in seiner Arbeit ein Programm entwickelt, mit dem sich Passwörter stehlen lassen. Diese wurde allerdings von den AMACC-Prüfern mit der Begründung, sie sei illegal, abgelehnt. Beide Studenten gehören einem Computer-Club namens GRAMMERsoft an, der Dienstleistungen für kleinere und mittlere Unternehmen anbietet. Auch im Dunstkreis dieses Computerclubs sucht das NBI nach Hinweisen auf die Urheber des Mail-Wurms. Die Ermittler vermuten, dass einige Namen aus der Referenzliste, die auf der Diskette gefunden wurde, in Zusammenhang mit GRAMMERsoft-Mitgliedern stehen.

Unterdessen versuchen philippinische Politiker, das Beste aus der unfreiwilligen Publicity für ihr Land zu machen. Präsident Joseph Estrada will die Philippinen sogar zu einem Zentrum für die Entwicklung von Antiviren-Software machen. Derzeit bildet das Land pro Jahr etwa 150 000 englischsprechende Computerexperten aus und nimmt damit hinter Indien den zweiten Platz unter den Entwicklungsländern ein. Darüber hinaus will die Regierung ein eigenes Computerstrafrecht etablieren, um der Verfolgung und Verurteilung von Computerkriminellen eine rechtliche Grundlage zu geben. Für den ILOVEYOU-Fall kommt diese Maßnahme allerdings zu spät. (atr)