Microsoft hilft, Kinderpornografie aufzuspüren

Die nordrhein-westfälische Regierung hat die Ergebnisse eines Forschungsprojekts vorgestellt, an dem Microsoft mit seiner KI beteiligt ist.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 108 Kommentare lesen

(Bild: Microsoft)

Lesezeit: 3 Min.

Künstliche Intelligenz kann mit einer Genauigkeit von über 90 Prozent Kinder- und Jugendpornografie und nicht strafbare Erwachsenenpornografie erkennen und unterscheiden. Das berichtete Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) in Düsseldorf über Ergebnisse eines vor rund einem Jahr begonnenen Forschungsprojekts mit Microsoft.

Auf lokalen Rechnern werden die konkreten Bildinhalte anonymisiert, sodass in den Dateien weder Personen noch strafrechtlich relevante kinderpornografische Inhalte erkennbar sind. Dann wird das Material in die Cloud geschickt, wo Algorithmen in den dekonstruierten Aufnahmen Inhalte erkennen sollen.

Ein KI-Algorithmus sortiert die dekonstruierten Bilddateien vor und klassifiziert sie nach vier Kategorien: ob die Bilder strafbare Darstellungen des Missbrauchs von Kindern oder von Jugendlichen zeigen, ob es sich um erlaubte Erwachsenenpornografie handelt oder um sonstige Bilder, erläutert Microsoft.

Bisher habe die KI Bilder in 92 Prozent der Fälle korrekt kategorisieren können. Verdächtige Bilder können somit priorisiert bearbeitet werden. Bei falschen Ergebnissen können Ermittler und Ermittlerinnen Bilder nachträglich manuell flaggen. Hier zeige sich ein Vorteil derzentralisierten Technik: Die Einschätzungen aller Experten und Expertinnen flössen in das stetige Training der KI ein; je mehr Feedback das System bekomme, desto mehr lerne die KI dazu.

Zusätzlich zu der Klassifizierung können per OCR auch gedruckte oder handschriftliche Texte direkt auf den Bildern erkannt und automatisch mit Schlagwortlisten abgeglichen werden. So ließen sich beispielsweise Wasserzeichen schneller auswerten, wie sie Täter häufig verwenden, oder auch Chatverläufe.

Der zusammen mit Wissenschaftlern und Microsoft entwickelte Prototyp ersetze zwar nicht die menschlichen Auswerter und juristischen Bewerter, sagte Biesenbach. Er könne aber zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens den Strafverfolgern schnell und wirksam aus der Menge der Daten diejenigen Beweismittel herausfiltern, die sie zur Prüfung des für die Untersuchungshaft erforderlichen dringenden Tatverdachts benötigten. Dies werde die Arbeit der Staatsanwaltschaften revolutionieren, sagte Biesenbach.

Das Forschungsprojekt mit Microsofts Technik wurde im August 2019 begonnen. Das verwendete hybride Cloudmodell sei in der Strafverfolgung bislang "weltweit einmalig". Zur Auswertung seien letztlich nur ein Netzanschluss und ein Stromstecker nötig, sagte Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, der Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW). Datenschutz und Datensicherheit seien dabei gewährleistet. Die Beweismittel stünden nur unter der Kontrolle der Strafverfolgungsbehörden. Externe hätten keinerlei Zugriff.

Ohne Künstliche Intelligenz sei der schieren Datenflut im Bereich Kinderpornografie und Kindesmissbrauch nicht mehr Herr zu werden, sagte der Justizminister. Eine Mitte 2020 eingesetzte Taskforce für diesen Bereich habe bislang schon zu mehr als 1600 Ermittlungsverfahren gegen mehr als 1800 Beschuldigte geführt.

Anlass für das Forschungsprojekt waren große Missbrauchskomplexe mit Ermittlungsausgangspunkt im lippischen Lüdge, in Münster und Bergisch Gladbach.

(anw)