Rund wird elliptisch und Red war billig – die Fotonews der Woche 19/2024

Die neue Nik Collection bricht mit einer Tradition, Nikon hat Red aus Notwendigkeit günstig erstanden und die Pulitzer-Preise für Pressefotografie sind da.

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Statt diesem Fujinon-Objektiv könnten auf den Red-Kameras bald Nikkore sitzen.

(Bild: Red)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Darf man heute eigentlich noch Software für Bildbearbeitung veröffentlichen, bei der nicht – berechtigt oder nicht – in jeder zweiten Zeile der Pressmitteilung "Künstliche Intelligenz" steht? Natürlich darf man, wenn man eine etablierte Marke hat, und nicht auf das Marketing-Buzzword angewiesen ist. Denn das maschinelle Lernen, das sich hinter der vermeintlichen Intelligenz versteckt, ist schlicht nicht für jedes Programm nötig.

Umso erfrischender ist es, dass die französischen DxO Labs ihre Version 7 der "Nik Collection" jetzt ganz ohne KI-Schlagworte vorgestellt haben. Die neuen Features sind einzeln in unserer ausführlichen Meldung aufgeführt. Für langjährige Nutzer, beispielsweise der früher kostenlosen Version von Google, daher in dieser Kolumne nur die beiden größten Neuerungen: Die U-Points sind nicht mehr zwingend rund, und die einzelnen Module der Collection können direkt untereinander aufgerufen werden.

Der erste Punkt ist recht simpel, erhöht aber die Flexibilität. Statt Kreisen können über die U-Points nun auch Ellipsen für die Bearbeitung markiert werden. Etwa ein Gesicht zur Farbanpassung lässt sich so mit ein, zwei U-Points auswählen. Früher waren da viel mehr Klicks nötig. Wer bisher nur Masken und Ebenen kennt, sollte das mal ausprobieren. Die Demo-Version der Nik Collection ist immer noch kostenlos.

Die zweite Neuerung hat ebenfalls mit Zeitersparnis zu tun, vor allem, wenn man die Collection als Plug-In für ein Host-Programm wie Photoshop verwendet. Dann ist es mit Version 7 nicht mehr nötig, etwa nach der Farbanpassung mit Viveza zum Host zu wechseln, um dann mit Color Efex einen speziellen Filter für das ganze Bild aufzurufen. Die Daten zwischen den Modulen kann die Nik Collection jetzt direkt übergeben. Das war lange überfällig, ebenso wie das schnellere Öffnen von Bildern aus dem Host. Ein Blick in den Task-Manager von Windows zeigt, dass vieles der Collection bisher noch single-threaded war und von modernen CPUs mit vielen Kernen kaum profitierte.

Offenbar hat DxO die Codebasis endlich gründlich aufgeräumt. Wer den Workflow mit U-Points und die geschmackvoll vordefinierten Filter schätzt, wird Version 7 wohl allein wegen des höheren Tempos kaufen. Alle anderen müssen sich überlegen, ob nach gerade einem Jahr wieder 89 Euro für das Update nötig sind. Es ist DxO zwar anzurechnen, dass es im Gegensatz zu vielen Anbietern nicht nur noch ein Abomodell anbietet. Aber jedes Jahr 90 Euro sind im Endeffekt nichts anderes als die Pre-Paid-Abos für Photoshop, die im Angebot genau das Gleiche kosten. Natürlich nur, wenn man denn bei der Nik Collection stets die aktuellste Version wirklich braucht. Bei Photoshop hat man ja ohnehin keine Wahl.

Keine Wahl hatte wohl auch Nikon, rein betriebswirtschaftlich betrachtet, als das Unternehmen 2022 von der Firma Red wegen eines Patents verklagt wurde: Red zu kaufen war unter dem Strich billiger, als der lange Rechtsstreit. Zu diesem Schluss kommt zumindest Petapixel nach einem Blick in die aktuellen Bilanzen von Nikon. Aus denen geht hervor, dass Nikon Red geradezu zum Spottpreis von rund 85 Millionen US-Dollar erworben hat. Um das nun wirklich einzuordnen, müsste man aber wissen, zu welchen Bedingungen sich Red mit anderen Kameraherstellern geeinigt hat.

Denn das fragliche Patent für eine bestimmte Art von Aufzeichnung von Raw-Video in einer Kamera gibt es noch immer, es gehört nun eben Nikon. Andere Kamerahersteller schlossen Abkommen mit Red, wie diese weiterlaufen sollen, ist noch nicht bekannt. Wie in der vorigen Woche beschrieben, kommt es sicher nicht von ungefähr, dass sich ausgerechnet Canon als Nikons Erzkonkurrent öffentlich sogar über die Übernahme gefreut hat. Wohl oder übel muss man nun mit Nikon wegen des Patents enger kooperieren.

Unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende ist die kommentierte Bilderstrecke von Petapixel zum Pulitzer-Preis für Pressefotos. Wir geben die Bilder hier, wie schon beim World Press Photo Award (WPPA), nicht wieder, weil es sich ausschließlich um dokumentiertes menschliches Leid handelt. In der Kategorie "Feature Photography" gewann ein Team von Associated Press für eine Langzeitdokumentation von Migration aus Kolumbien in die USA. Und Reuters gewann, wie schon beim WPPA, mit Bildern aus dem Krieg im Gazastreifen, und zwar in der Kategorie "Breaking News". Die Juroren würdigten dabei besonders, dass die Agentur die ersten Wochen, und das gehört hier auch dazu, "unter hohem Risiko für die eigene Sicherheit" dokumentiert hatte.

(nie)