Coronavirus: Schweizer App für Contact Tracing verzögert sich

Eigentlich sollte die Schweizer Corona-Tracing-App schon in der kommenden Woche veröffentlicht werden, doch jetzt steht das Parlament auf der Bremse.

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Schweiz: Verzögerung der DP3T-App für Contact Tracing

(Bild: Alexander Kirch / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tom Sperlich
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Das Schweizer Parlament bremst die Einführung einer App, mit der mögliche Kontakte von mit dem Coronavirus infizierten Personen nachvollzogen werden können. Die bisher für kommende Woche vorgesehene Veröffentlichung einer Contact-Tracing-App auf Grundlage des DP3T-Konzepts wird sich daher voraussichtlich bis in den Frühsommer 2020 verzögern.

Mit dem Verfahren des "Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracings" (DP3T) soll zurückverfolgt werden können, wer in Kontakt mit einer positiv auf das neue Coronavirus getesteten Person gewesen ist. Die App informiert dann die betroffene Person, dass sie sich infiziert haben könnte. Bisherigen Plänen zufolge sollte die App am 11. Mai eingeführt werden.

Anfang der Woche hatten bereits beide Kammern des Schweizer Parlaments, Ständerat und Nationalrat, über die Einführung einer "Corona-Warn- und Tracing-App" abgestimmt. Beide Kammern fordern mit deutlicher Abstimmungsmehrheit, dass zunächst eine gesetzliche Grundlage für einer solche App geschaffen werden müsse. Der potenzielle Eingriff in die Grundrechte bei Betrieb einer "Corona-Proximity-Tracing-App" sei je nach Ausgestaltung massiv, hieß es im Parlament.

Die Regierung, der Bundesrat, ist nun aufgefordert, dem Parlament so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf für die Einführung von Contact-Tracing-Apps vorzulegen. Anhand dieser Vorlage könnte ein dringliches Bundesgesetz dann in der sogenannten Sommersession, die im Juni stattfinden wird, beraten werden. Die Abgeordneten geben der Regierung die grundsätzliche Maßgabe mit auf den Weg, dass nur technische Lösungen verwendet werden dürfen, welche keine personenbezogenen Daten zentral speichern. Außerdem soll der Einsatz der App freiwillig sein.

Der Bundesrat sieht keine Veranlassung für ein eigenes Gesetz. Die Anforderungen an "Dezentralität" und "Anonymität" seien in der Architektur der App verankert, die im Internet frei einsehbar sei, versicherte der zuständige Gesundheitsminister Alain Berset. Da es sich bei der App zudem um ein freiwilliges digitales Hilfsmittel für Maßnahmen gemäß des Epidemiengesetzes handle, bestehe bereits eine gesetzliche Grundlage. Es sei wichtig, die App so bald wie möglich zur Verfügung zu stellen, um die schrittweise Lockerung des Lockdowns zu unterstützen.

Nun soll wenigstens ein erster öffentlicher Test der App stattfinden. Die Grundlage dafür gewährt das Datenschutzgesetz, welches Versuche erlaubt. Berset sagte im Nationalrat, dass die Arbeiten für diese App bereits sehr weit fortgeschritten seien, die Testphase werde bald beginnen und solle "einige Wochen" dauern. Beobachter rechnen mit der breiten Einführung der App nun frühestens im Juli.

Noch wird allseits mit Hochdruck an einer DP3T-App gearbeitet. Marcel Salathé, Professor für Digital Epidemiology an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (EPFL) in Lausanne und einer der Project Leader, bestätigte, dass man "technisch gesehen am 11. Mai, plus ein paar Tage, parat" sei. Man benötige aber dafür letztendlich auch die API, an der Apple und Google ebenfalls noch mit Hochdruck arbeiten. Angestrebt wird, dass die App nach Möglichkeit international vollständig interoperabel sein werde. Das DP3T-Team arbeitet dafür intensiv mit Forschern anderer Länder an der Anwendung. (bme)