Staatsanwaltschaft leitet Ordnungswidrigkeiten-Verfahren gegen Ex-Siemens-Chef Pierer ein

Der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer wird als Betroffener in einem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren geführt. Die Staatsanwaltschaft München leitete das Verfahren wegen "Verletzung der Aufsichtspflicht" ein.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der frühere Vorstands- und spätere Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens AG, Heinrich von Pierer, wird als Betroffener in einem Ordnungswidrigkeiten-Verfahren geführt. Die Staatsanwaltschaft München erklärte am heutigen Freitag an, sie habe ein solches Verfahren gegen Pierer und weitere ehemalige Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat wegen "Verletzungen der Aufsichtspflicht" eingeleitet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass Pierer sich in der Schmiergeldaffäre bei Siemens wegen Korruption oder anderer Delikte selbst strafbar gemacht hat, doch habe die Unternehmensleitung "alle durchführbaren und zumutbaren organisatorischen Maßnahmen" zu ergreifen, die zur Verhinderung von Straftaten notwendig sind. Kommt die Behörde zu dem Schluss, Pierer habe seine Aufsichtspflichten verletzt, droht ihm eine Geldbuße von bis zu einer Million Euro.

Pierer leitete den Siemens-Konzern von 1992 bis 2005 und wechselte dann in den Aufsichtsrat, dem er bis April 2007 vorstand. Die mit den internen Ermittlungen bei Siemens beauftragte US-Kanzlei Debevoise & Plimpton teilte dem Konzern zuletzt mit, sie habe für den Zeitraum von 1999 bis 2006 in nahezu allen untersuchten Geschäftsbereichen und in zahlreichen Ländern Belege für Fehlverhalten im Hinblick auf in- und ausländische Anti-Korruptionsvorschriften gefunden. Insgesamt sollen rund 1,3 Milliarden Euro in schwarze Kassen geflossen sein, aus denen dann Zahlungen erfolgten, um an Aufträge zu gelangen. Pierer gibt an, keine Kenntnis von Schmiergeldzahlungen gehabt zu haben. In der vergangenen Woche wurde er jedoch erneut von ehemaligen Siemens-Managern belastet, die gegenüber der Staatsanwaltschaft angaben, Pierer habe im Zusammenhang mit einem Milliardengeschäft in Argentinien selbst Angestellte des Konzerns zu Schmiergeldzahlungen aufgefordert.

Der neue Siemens-Chef Peter Löscher machte am heutigen Freitag unterdessen erneut deutlich, dass der Konzern bei Verfehlungen früherer Führungskräfte mögliche Schadensersatzansprüche prüfen werde. Der Schmiergeldskandal hat Siemens eigenen Angaben zufolge bereits mehr als 1,8 Milliarden Euro an Bußgeldern, Steuernachzahlungen sowie Honoraren für Anwälte und Wirtschaftsprüfer gekostet. Wegen der zweifelhaften Geldströme in der früheren Siemens-Telekommunikationssparte Com verhängte das Landgericht München im vergangenen Oktober eine Geldbuße in Höhe von 201 Millionen Euro gegen das Unternehmen. Zudem droht dem Konzern ein Bußgeld in Milliardenhöhe aus den USA, da Siemens an der New Yorker Börse gelistet ist und die Börsenaufsicht SEC bei Korruptionsdelikten hart durchgreift. Die Staatsanwaltschaft in Deutschland ermittelt inzwischen gegen 270 Beschuldigte. (pmz)