Wikileaks-Aktivistin kritisiert Veröffentlichungspraxis der Snowden-Dokumente

In einem Interview auf der re:publica in Berlin hat die Journalistin Sarah Harrison die Praxis vieler Medien kritisiert, die Snowden-Dokumente über die Totalüberwachung nur scheibchenweise zu veröffentlichen. Damit würden sie US-Druck nachgeben.

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Harrison während des Interviews

(Bild: DAVIDS/Gregor Fischer, CC BY 2.0 )

Die britische Journalistin und Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison hat die Art und Weise kritisiert, in der die Snowden-Dokumente scheibchenweise an die Öffentlichkeit gebracht werden. Dadurch werde die Weltöffentlichkeit langsam daran gewöhnt, erklärte sie in einem Interview mit der Journalistin Alexa O'Brien auf der re:publica in Berlin. Deswegen sei der angemessene Aufschrei größtenteils ausgeblieben. Außerdem sei die Gesellschaft so darauf angewiesen, dass die Journalisten die wichtigen Dokumente erkennen und ihre Bedeutung richtig einschätzten.

In dem Gespräch bezeichnete Harrison den Ruf nach Redaktion der Dokumente als pure US-Propaganda. Das habe sich bei den von Wikileaks veröffentlichten Dokumenten zum Irakkrieg gezeigt, als sofort davon die Rede gewesen sei, die Whistleblowing-Plattform habe "Blut an den Händen". Es sei lange dafür gekämpft worden, diesen Vorwurf zu entkräften. Dass Journalisten aus Angst vor staatlichem Druck nun Dokumente wie die von Edward Snowden vor der Veröffentlichung redigierten sei fahrlässig. Damit beschnitten sie die Möglichkeit, Dokumente im Kontext zu verstehen. Gleichzeitig habe Wikileaks bemerkt, dass dieses Recht Journalisten auch korrumpieren könne, so seien aus Wikileaks-Dokumenten nicht nur Hinweise auf gefährdete Personen, sondern auch auf große Konzerne oder Politiker entfernt worden.

Harrison, die Edward Snowden in Russland begleitet hatte, schloss sich außerdem dem Ruf nach Asyl für den Whistleblower an. Sein temporäres Asyl laufe bald aus und "ihr habt noch zwei Monate Zeit, eure Regierung zu überzeugen". Die von ihm aufgedeckte Totalüberwachung sei ein Werkzeug der geopolitischen Macht und unterscheide sich grundsätzlich von der Praxis in anderen Ländern. "Weltweit sollten Staaten gegen diese Dominanz und die Überwachung aufstehen, und ich wünschte, mein Land wäre da mit dabei." Stattdessen könne sie nicht nach Großbritannien zurückkehren, weil sie dann mit ihrer Festnahme rechnen müsse. (mit Material von dpa) / (mho)