c't 5/2023
S. 44
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Intel-Probleme, neue deutsche Chip-Fab, RISC-V-Erfolg

Intel-Chef Pat Gelsinger wirbt um Vertrauen, doch der Börsenwert von Intel sackt unter den von AMD. EU-Fördermittel locken einen weiteren US-Chiphersteller nach Deutschland und: Der erste RISC-V-Raspi ist da.

Von Christof Windeck

Schlimmer als befürchtet lief das Jahr 2022 für Intel. Zwar stehen am Ende immer noch 8 Milliarden US-Dollar Nettogewinn aus 64 Milliarden US-Dollar Umsatz. Das sind aber gerade einmal 12,5 Prozent Nettorendite und im letzten Quartal des Jahres 2022 machte Intel schon im operativen Geschäft einen Verlust. Im Vergleich zu 2021 schrumpfte der Jahresumsatz um 16 Prozent. Auch fürs erste Quartal 2023 erwartet man rote Zahlen, das ist Gift für den Aktienkurs.

Intel-Chef Pat Gelsinger wirbt trotzdem um Vertrauen und bekräftigt, dass er bis 2025 endlich wieder die fortschrittlichste Fertigungstechnik haben will. Erster Prüfstein für die Aufholjagd ist der Core i-14000 alias Meteor Lake, der noch im laufenden Jahr kommen soll und dessen CPU-Chiplet als erstes Intel-Produkt in der 7-Nanometer-Technik „Intel 4“ entstehen soll. Auf lange Sicht erwartet Intel, dass sich der weltweite PC-Markt bei einem Umfang von rund 300 Millionen verkauften Geräten pro Jahr stabilisieren wird, im Business-Englisch Total Addressable Market (TAM) genannt. Von diesem Kuchen will Intel künftig wieder mehr verspeisen und AMD und Apple weniger übrig lassen.

Der chinesische StarFive JH7110 ist der erste lieferbare RISC-V-Prozessor mit Linux-tauglichen RV64GC-Kernen und eingebauter GPU.
Der chinesische StarFive JH7110 ist der erste lieferbare RISC-V-Prozessor mit Linux-tauglichen RV64GC-Kernen und eingebauter GPU.

Bei AMD läuft es deutlich besser, auch wenn Chefin Lisa Su am 31. Januar ebenfalls einen operativen Verlust von 149 Millionen US-Dollar im vierten Quartal 2022 vermelden musste. Aber AMD konnte die Umsätze im Gesamtjahr um 44 Prozent auf 23,6 Milliarden US-Dollar steigern; der Nettogewinn von 1,3 Milliarden US-Dollar war allerdings um 60 Prozent niedriger als noch 2021. Vor allem die Epyc-Serverprozessoren verkauften sich jedoch gut und auch die Embedded Systems – befeuert von den Xilinx-Chips – waren erfolgreich. Das beflügelte den Aktienkurs: Der Börsenwert von AMD überstieg Anfang Februar mit 121 Milliarden US-Dollar den von Intel (117 Milliarden) um etwa 3 Prozent.

Bei den US-amerikanischen Hightech-Firmen läuft es derzeit allgemein schlecht, insgesamt wurden aufgrund der schwachen Aussichten schon mehr als 150.000 Menschen entlassen. Google schmiss beispielsweise viele Entwickler der hauseigenen Sicherheitschips Titan raus, was den offenen Sicherheitschip OpenTitan möglicherweise bremst. Und nicht nur Elon Musk feuert ohne Empathie: Bei LinkedIn berichtete ein Google-Entwickler, er habe von seiner Kündigung dadurch erfahren, dass seine elektronische Schlüsselkarte plötzlich nicht mehr funktionierte.

Saar-Fab

Doch es gibt auch gute Chip-Nachrichten. Bald sollen die Halbleiter-Fördermittel der EU sprudeln, der „EU Chips Act“ steuert auf die Abstimmung im EU-Parlament zu. Noch ist es nicht so weit, aber trotzdem plant ein weiterer US-amerikanischer Chiphersteller eine Milliardeninvestition in Deutschland, nämlich Wolfspeed. Dahinter verbirgt sich die ehemalige Firma Cree, die vor zehn Jahren als Vorreiterin bei leistungsstarken LEDs für Beleuchtungszwecke bekannt wurde. Schon damals nutzte man das Halbleitermaterial Siliziumkarbid (Silicon Carbide, SiC), das wie auch Galliumnitrid (GaN) ein „Wide Bandgap“-Material mit großem Abstand zwischen Valenz- und Leitungsband ist. SiC eignet sich besonders gut für Hochleistungs-Halbeiterbauelemente, etwa für Schalttransistoren und Dioden für effiziente und kompakte Solarwechselrichter, Akkuladetechnik und die Ansteuerung von Elektromotoren. Weil Europa ein großer Markt für E-Autos und regenerative Energie ist, will Wolfspeed in Ensdorf bei Saarlouis eine SiC-Fab bauen, bezeichnenderweise wohl auf dem Gelände eines früheren Kohlekraftwerks. Und, sehr europäisch gedacht, keine zehn Kilometer von der französischen Grenze entfernt.

Einen großen Erfolg verzeichnet auch die RISC-V-Entwicklergemeinde: Mit dem StarFive Vision Five 2 ist endlich ein bezahlbarer RISC-V-Raspi auf dem Markt. Der könnte die RISC-V-Optimierung von Linux erheblich beschleunigen, was allerdings auch dringend nötig ist, wie unser Test auf Seite 74 zeigt.

Krumme DIMM-Kapazitäten

Die DRAM-Hersteller Micron (beziehungsweise dessen Sparte Crucial) und SK Hynix haben DDR5-Speichermodule mit „krummen“ Kapazitäten wie 24, 48 und 96 GByte angekündigt. Diese Riegel sind statt mit 8- oder 16-Gigabit-SDRAM-Chips mit 24-GBit-Chips bestückt. Bisher verraten jedoch weder Crucial noch SK Hynix, mit welchen Prozessoren beziehungsweise Mainboards diese Module kooperieren. Die SK-Hynix-Module sind Registered DIMMs, die vermutlich in künftigen Xeon-Systemen laufen. Die Crucial-Module hingegen zielen auf Gaming-PCs und haben sogar Übertaktungsprofile im SPD-EEPROM. (ciw@ct.de)

Podcast Bit-Rauschen: ct.de/yfgh

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