Weg von der Gasheizung: Welche Optionen es für Mehrfamilienhäuser gibt

Seite 3: Algorithmen planen den Wärmebedarf

Inhaltsverzeichnis

Nicht seriell, sondern individuell lief eine Sanierung von 24 Wohnungen in Genossenschaftsgebäuden aus den 1920er-Jahren in Regensburg. Doch auch hier hat sich nach Angaben des Betreibers die Warmmiete für die Bewohner nicht erhöht. Dabei haben die Forscher der OTH Regensburg reichlich technischen Aufwand betrieben: Die Wärme kommt wahlweise von einem Gas-Blockheizkraftwerk oder einer Wärmepumpe. Algorithmen planen anhand von Wetter- und Verbrauchsprognosen einen "Fahrplan" für die nächsten 36 Stunden – mit der Vorgabe, möglichst wenig nicht-erneuerbare Energieträger zu verwenden und die Kosten zu minimieren. Eine Künstliche Intelligenz gleicht die Vorhersage dann regelmäßig mit den realen Daten ab und lernt dabei, den Fahrplan zu verbessern. Die Software für die Anlagensteuerung läuft im Haus selbst, die KI auf den Servern einer beauftragten Firma.

"Wir gehen davon aus, dass es ungefähr ein Jahr dauert, bis sich das System optimiert hat", sagt Projektleiter Professor Oliver Steffens von der OTH Regensburg. "Es ist auch lernfähig gegenüber einer geänderten Nutzerstruktur oder einem geänderten Nutzerverhalten, etwa durch einen Lockdown." Die KI-Steuerung ist noch im Pilotstadium, aber wenn sie sich bewährt, ist es geplant, sie dauerhaft zu betreiben.

Auch bei der Dämmung wurde in Regensburg Neues ausprobiert. Ein vom Hersteller Maxit entwickelter Putz mit bis zu 60 Mikrometer großen hohlen Glaskügelchen wurde bis in den fünften Stock auf die Fassade gespritzt. Bisher kam dieses Verfahren nur bei kleineren Häusern zum Einsatz.

Steht die Dämmung, stellt sich die Frage nach der Heizung. Eine Kombination aus mehreren Wärmequellen wie in Regensburg kommt wohl nur für größere Objekte infrage. Für die meisten Umbauten bleiben vor allem Solarthermie, Fernwärme, Biogas oder Wärmepumpen als Optionen übrig.

Der Absatz an Fernwärme ist zurückgegangen. Besonders stark war der Rückgang bei Industrie und Gewerbe.

(Bild: Destatis, BDEW; Stand: 03/2021)

"Solarthermie hat lange Zeit gut funktioniert, ist aber von der Zeit dadurch überholt worden, dass die Photovoltaik immer billiger geworden ist", meint Pfluger. Bei Fernwärme mache Solarthermie hingegen eher Sinn. Nahezu alle deutschen Großstädte über 100.000 Einwohner haben ein Fernwärmenetz. In Ostdeutschland sind rund 30 Prozent aller Wohnungen angeschlossen, im Westen 9 Prozent. "In der Außenwahrnehmung gilt Fernwärme als etwas angestaubte Technologie, aber es tut sich etwas", sagt Dietrich Schmidt vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE. Bei neuen Wohnungen beträgt der Anteil deutschlandweit knapp 24 Prozent – in etwa gleichauf mit im Haus selbst installierten Wärmepumpen.