Retrokonsole im Test: The400 Mini emuliert Ataris 8-Bit-Familie

Seite 2: Detaillierte Minikonsole

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Äußerlich ist die Konsole, wie auch schon das Vorgängergerät Atari 2600+ verblüffend originalgetreu. Sie sieht aus, wie ein um etwa 50 Prozent geschrumpfter Atari 400. Selbst Kleinigkeiten wie Lufteinlässe oder die angeraute Oberfläche wurden exakt nachgeahmt. Die Klappe oberhalb der Tastatur, in der beim Original der Modulport steckt, wirkt täuschend echt, sodass man kaum glauben mag, dass sie sich nicht öffnen lässt.

Wenn man über die scheinbare Tastatur streicht, spürt man zwar eine Maserung und meint einzelne Tasten zu fühlen, wie beim Original – Es ist aber dennoch nur eine Attrappe ohne Funktion. Wer eine Tastatur benötigt, kann allerdings problemlos eine handelsübliche externe USB-Tastatur anschließen. Ohne Tastatur lässt sich es aber auch spielen: Eine Bildschirmtastatur lässt sich durch Tastendruck von Home und Menu einblenden.

Der Atari 400 - Ataris Einstieg ins 8-Bit-Homecomputing

Der Atari 400 erschien zusammen mit dem Schwestermodell Atari 800 im Jahr 1979 in den USA (1981 in Deutschland). Im Gegensatz zum großen Bruder, der sich an professionelleren Ansprüchen orientierte, war der Atari 400 als preisgünstiger und unkomplizierter Einstieg in die Computerwelt konzipiert. Die Serie war zunächst geplant als Nachfolger des VCS-Systems.

Im Vergleich zu anderen Geräten aus der Zeit sah er eher ungewöhnlich aus mit seinen raus ragenden Seitenflächen und der Folientastatur: Entwickler Doug Hardy wollte einen robusten Rechner für das Kinderzimmer schaffen. Die ausladenden Seiten sollten, wie beim gleichzeitig erschienenen Atari 800, sicheren Halt bieten, wenn der Rechner auf dem Schoß saß.

Die Folientastatur war darauf ausgelegt, auch mal ein verschüttetes Getränk auszuhalten. Mit den vier neunpoligen DSUB-9-Joystickanschlüssen setzte sich Atari ebenfalls von der Konkurrenz ab, bei denen mehr als zwei Controlleranschlüsse - wenn überhaupt - nur mit Zusatzhardware einzurichten waren.

Das Team um den späteren Amiga-Chefentwickler Jay Miner ersann dabei drei Spezialchips, die den Hauptprozessor entlasten sollten: Alpha-Numeric Television Interface Circuit (Antic) war für verschiedene Aufgaben der Grafikerzeugung verantwortlich und steuerte den Color Television Interface Adaptor (CTIA später GTIA), der für die Farbpalette zuständig war. Der Potenziometer and Keyboard Integrated Circuit (POKEY)-Chip übernahm wiederum Tonerzeugung, Tastaturabfrage sowie die serielle Schnittstelle. Das Konzept der Spezialchips fand später Eingang in den Custom-Chips des Amiga.

Atari 400/800 konnten mit Kassettenlaufwerk, per Modul oder 5 1/4-Zoll-Diskette mit Spielen oder Tools versorgt werden. Insbesondere der Atari 800 schaffte zumindest kurz den Markt zu dominieren: Dann kam der C64. Zwar versuchte Atari mit der XL- Serie und dem XE der Dominanz Commodores noch etwas entgegenzusetzen, die Geräte schafften aber nicht annähernd den Erfolg der Anfangsjahre zu wiederholen.

Apropos Anschlüsse: Die Kritik an der geringen Anzahl von USB-Anschlüssen bei den C64- und Amiga-Minikonsolen scheint bei Retro Games angekommen zu sein. Mit vier USB-A-Anschlüssen auf der Vorderseite und einem auf der Rückseite bietet das Gerät ausreichend Möglichkeiten, um weitere Controller, Tastaturen oder Speicher anzuschließen. Wie beim Original sind die Anschlüsse an der Vorderseite nach den Spielern nummeriert: Vorne links ist für Player 1, der Port rechts daneben ist für Player 2 und so weiter. Das kann sonst zu Irritationen führen, da man im Menü auch mit Controllern navigieren kann, die an anderen Ports angeschlossen sind, im Spiel aber der Joystick oder das Gamepad die Zusammenarbeit zu verweigern scheint.

Der USB-C-Anschluss auf der Rückseite dient ausschließlich der Stromversorgung. Die inneren Werte sind nichts Besonderes für ein Retro-Emulationssystem: Zum Einsatz kommt ein AllWinner H3 SoC-Chip mit 256 Megabyte DDR3-RAM und 128 Megabyte eMMC-Flashspeicher.

Dem Joystick mit dem Namen The CX Stick ist Ataris legendären CX40-Joystick nachempfunden, allerdings um einige Funktionen erweitert: Neben dem Feuerknopf, der wie beim Original vorne links sitzt, sind noch sieben weitere Knöpfe für die Einstellungen nahezu unsichtbar versteckt: im Ring um den Knauf sind vorn, und hinten, rechts und links jeweils ein Knopf. An der Vorderseite sind mittig der Menu- und der Home-Schalter zu finden, links unten auf der Seite befindet sich ein Schulterschalter. Die Knöpfe sind so diskret untergebracht, dass der Joystick kaum von originalen CX40 zu unterscheiden ist.

The 400 Mini - So sieht er aus (6 Bilder)

Hier sieht man besonders gut, die seitlich eher ungewöhnliche Form, was einst auf dem Schoß einen sicheren Halt gewährleisten sollte.

Andererseits wirkt er nicht perfekt: Er ist ziemlich hakelig und das merkt man, wenn man im Eifer des Gefechts präzise Manöver versucht. Wenn man nicht mit Kraft reißt, dann kann es sein, dass die Bewegung nicht reicht oder ungenau ausgeführt wird. Drückt man zu sehr, kann es sein, dass man einen im Ring versteckten Knopf trifft. In der Testumgebung Herrenabend ist es uns mehrfach passiert, dass wir dadurch aus dem Spiel geflogen sind.

Zum Glück ist man nicht nur auf den mitgelieferten Controller angewiesen: Sehr viele handelsübliche USB-Joysticks und Controller sind problemlos anschließbar. Selbst mit einem per Kabel angeschlossenen Playstation-5-Controller war es möglich, an der Minikonsole zu spielen. Allerdings benötigt ein Controller den USB-Anschluss: kabellose Controller scheiden aus – The400 Mini ist nicht Bluetooth-fähig.

The CX Joystick. An Ataris-Kultstick CX40 nachempfunden und um ein paar Knöpfe erweitert. Im orangenen Ring sind an jeder seite je ein Knopf versteckt, wie auch Menü und Home-Taste auf der vorderen Seite. Rechts im Bild ist auch die Schultertaste zu sehen. Alle Knöpfe sind dazu da, um die Bedienung zu erleichtern, da ja The400 Mini von Hause aus keine Tastatur mitbringt.

(Bild: Markus Will)

Gut gelöst: Mit einem Trick wird der auch für Linkshänder besser nutzbar. Drückt man auf die Home-Taste, den linken Knopf im Ring sowie die Home-Taste aktiviert sich der Linkshänder-Modus. Die Steuerung des Joystickknaufs positioniert sich jeweils um 90 Grad nach links, sodass der Joystick so gedreht werden kann, dass der Feuerknopf auf der rechten Seite sitzt.

Die Liebe zum Detail sind auch in den Anschlusskabeln zu sehen: Beide sind in Beige gehalten und Atari-Logos sind eingearbeitet. Zudem sind sie, wie auch das Joystick-Kabel, mit jeweils 1,8 Metern Länge ausreichend dimensioniert, um auch Distanzen zum Fernseher jenseits von 3 Metern zu überbrücken.